Fragen zu COVID-19

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Fragen zu COVID-19

Ungelesener Beitrag von admin » 25.12.2020, 18:23

Ein Freund hat aus dem Interesse heraus, warum die "Republik China (Taiwan)" auch nach mehr als (inzwischen) 349 Tagen eine so erfreulich kleine Zahl an Opfern der "Corona-Pandemie" zu beklagen hat, Kontakt zu der :

Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland, Buero Hamburg
駐德國台北代表處 漢堡辦事處

aufgenommen um besser zu verstehen, wie das einem Land, welches nicht nur sozusagen "vor der Haustür der VR-China liegt", sondern als Insel mit seiner Besiedlungsdichte (656,0 / km²) auf Platz 6 liegt, verhindern konnte, das dieses Virus zum einen, nur wenige Taiwaner überhaupt infizieren konnte und zum anderen die Zahl der Todesopfer seit Mai 2020 auf 7 Opfer begrenztz werden konnte.

Das Verwaltungsgebiet der Republik China umfasst seit 1949 eine Gesamtfläche von 36.179 km², was etwa der Größe Baden-Württembergs entspricht. Allerdings ist Taiwan mit 23,7 Millionen Einwohnern deutlich dichter als Baden-Württemberg mit 11,1 Millionen Einwohnern besiedelt, was klar ein Nachteil bei der Bekämpfung der "Binnenepidemie" darstellt.

Wie sehr dieser Vergleich (vom 25.12.2020 15 :00) differiert können die Zahlen nicht wirklich erklären :

Baden Württemberg ............. : 225.354 | 166.728 | 4.373
Republik China (Taiwan)......... : 780 | 640 | 7

Bundesrepublik Deutschland ... : 1.630.596 | 1.221.200 | 29.389
ja, die Bundesrepublik Deutschland ist mit 83,1 Millionen Einwohnern 3,52fach größer, liegt aber bei der Besiedlungsdichte (232,5 / km²) auf Platz 19.

Berücksichtigt man den 3,52fachen Bevölkerungsunterschied : 29.389 / 7 = >4.198 / 3,52 liegt die Zahl der Todesopfer dennoch um 1.193fach höher.

Dafür muß es rationale Gründe geben.

Ein leider gern genommene Grund ist wohl fehlendem Basiswissen geschuldet - nein, Taiwan ist keine Diktatur wo die Bevölkerung sklavisch den Anordnungen eine allgewaltigen Regierung folgt. Nein, die notwendigen Gesetzte wurden wie in Demokratien üblich, vom gewählten Parlament beschlossen und in Kraft gesetzt. Nein, die Republik China (Taiwan) ist nicht identisch mit der "VR-China" - eher ganz im Gegenteil...

Viele suchen das eigene Versagen "ihrer Regierung" mit der Insellage von Taiwan zu erklären - schlicht und einfach - wer auf einer Insel lebt, kann sich total abschotten und D als Binnenland kann das nicht ! So einfach ist die Welt von manchen Zeitgenossen :roll:

Doch, was ist mit dem Luftverkehr ? Was ist mit dem Verkehr aus Übersee ? Da herrscht erst einmal "Gleichstand".

Nun könnte man den Binnenverkehr ja ggf. anpassen - doch das kann D innerhalb der EU zwar auch allein entscheiden, doch sehr zweckmäßig wäre das sicher nicht. Doch völkerechtlich hätte D durchaus sein Grenzen (zu Wasser, Land und Luft) schließen können um das Virus in dieser ersten, alles entscheidenden Phase unter Kontrolle zu bringen. Warum dann doch nicht, darüber gibt es durchaus Bedarf an Wissen...

Kurz, außer einer "Handvoll asiatischer Staaten" war niemand auf eine Pandemie vorbereitet. Das kann man z.B. an UK leider sehr deutlich nachweisen : Vereinigtes Königreich ... : 2.188.587 | ??? | 69.625
mit 66,8 Millionen Einwohnern 2,83fach größer, Besiedlungsdichte (277,4 / km²) auf Platz 15. Ein Land, welches so großen Wert auf seine Souveränität legt und aus der EU "ausbricht", konnte nicht alle seine Grenzen schließen und ein Einreiseregime installieren wie z.B. Taiwan :?:

Betrachtet man Europa - die EU - etwas genauer, fällt auf (mir jedenfalls) es gibt das jede Menge "echte" aber auch "virtuelle" Halbinseln (neben den echten Inseln). Das sollte man auch nicht aus dem Auge verlieren.

Nun ja, weiter zu dem was einem Freund der gefragt hat so bislang aus "Hamburg" zuging - ja, ich darf die beiden Schreiben hier veröffentlichen.
Selbstverständlich habe ich am Wortlaut nichts verändert, habe aber die Fragen "Q" durchnummeriert und die Antworten "A" ebenso und alle Antworten in "blauer Schrift" besonders hervorgehoben :arrow:

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2. Fragen zu COVID-19

Ungelesener Beitrag von admin » 25.12.2020, 19:01

28.09.2020 Antwort aus Hamurg - Taiwan :

Sehr geehrter Herr Pluto,
natürlich beantworten wir Ihnen gerne Ihre Fragen,
Q1: Gibt es Aussagen darüber, wie effektiv die Maßnahme für die Früherkennung sind(z.B. Temperaturmessung)?

A1: Ja, denn laut Dr. Neha B. Vyas von der Cleveland Clinic , kann man die Verbreitung der Viren gut verhindern durch effektive Temperaturmessung, denn wer eine erhöhte Temperatur anzeigt, darf nicht in Bahnhöfen, Flughäfen, Läden, Restaurants und Supermärkte gehen und den öffentlichen Nahverkehr dürfen sie auch nicht benutzen. Dadurch kann die Ausbreitung verhindert werden.
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von mir eingeschoben :

Wie am Flughafen mit Wärmebildkameras das Coronavirus gejagt wird 23.01.2020

Are Infrared Thermometers Accurate?

Non-Contact Thermometers for Detecting Fever: A Review of Clinical Effectiveness

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Q1a: und ist sie konsequent beibehalten oder inzwischen eingestellt worden?

A1a: ja,diese Maßnahme wird aktuell immer noch angewendet ,besonders in Bahnhöfen, Flughäfen und Häfen.

Q2: In der Darstellung des Außenministeriums vom Mai 2020 wird erwähnt, dass 167 medizinische Einrichtungen für Virustests bestehen. Entspricht dies der Gebietseinteilung in Taiwan oder waren die Einrichtungen an Flughäfen, Bahnhöfen und Häfen, und wurden neu aufgebaut?

A2: Diese Einrichtungen sind nach Bevölkerungsdichte in ganz Taiwan verteilt. Außer den mobilen Teststation, wurden die 167 Testeinrichtungen in schon existierten Kliniken und Krankenhäusern für Corvid-19 eingerichtet, mit extra Eingängen oder in Zelten.

Es gibt keine Teststationen in Bahnhöfen, aber alle Bahnhöfen sind mit effektiven Infrarot-Körpertemperatur-Scanner ausgestattet. In Flughäfen und Häfen sind permanente Test-und-Quarantänestationen eingerichtet.


Q3: Der Bericht des Außenministeriums spricht von einem "Self-Health Management for 14 days"; heißt das, die Regierung hat die Bürger immer darauf hingewiesen, dass sie den eigenen Gesundheitszustand beobachten sollten, das eigene (Krankheits)gefühl, Temperaturmessung, etc. und sich dann evtl. melden sollen oder die Infektion in 14 Tagen zu Hause auskurieren können, statt ausschließlich auf staatliche Verordnungen wie Abstandshalten und Maskentragen hinzuweisen und zu vermitteln, der Einzelne kann nichts zum Verlauf beitragen?

A3: (1) Zuerst ist „Self-Health-Management „ ein wichtiges Konzept zur Vorbeugung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten, meint aber nicht unbedingt nur beschränkt auf 14 Tage, sondern bezieht sich auf tägliche Angewohnheiten. So ähnlich wie die AHA – Regeln in Deutschland. Weil es in Asien zahlreiche Infektionskrankheiten gibt, wurde das gründliche Händewaschen in die Schulbildung integriert und pädagogisch aufgearbeitet. Nach dem 2008 SARS Ausbruch wurde der Nasen-Mund-Schutz (zum Beispiel bei Erkältung) in der Öffentlichkeit nicht nur aus Höflichkeit gegenüber der Gesellschaft benutzt, sondern es ist mittlerweile eine gute Angewohnheit geworden: Ich schütze die anderen. Diese Idee braucht keine staatliche Durchsetzung mehr, jeder macht es von sich aus, weil sich jeder daran hält.

A3: (2) „Self-Health-Management „ während der Corona Zeit heißt es jetzt bei uns in Taiwan auch: Die von Ausland Einreisenden und die Kontaktpersonen (Leute in der Infektionskette) sollten zuerst auf jeden Fall unter streng kontrollierte 14 Tage Quarantäne gestellt werden. Nur wenn dann das Testergebnis negativ ausfällt, darf man sich wieder frei bewegen. Man muss aber nach der 14-tägigen Quarantäne noch weitere 7 Tage „Self-Health -Management „machen, das heißt, Maskentragen und besonders die Menschenmassen vermeiden.

A3: (3) Man darf in Taiwan die Infektion nicht alleine zu Hause auskurieren. Alle Infizierte und Verdächtigen werden ins Krankenhaus eingeliefert und werden erst dann entlassen, wenn das Testergebnis 2 mal Negativ ist. Da es in Taiwan sehr wenige Infizierte gibt, ist das für unsere medizinische Kapazitäten kein Problem.


Q4: Können Sie mir noch etwas zur Routine des Maskentragens sagen? Wie locker geht man mit den Masken in Taiwan um? Ist das Nicht-Masken-Tragen bußgeldbewehrt?

A4: Da es in Taiwan seit längerem keinen lokaler Fall von Neuansteckung gibt, wird das lockerer gesehen.

Nicht alle tragen Masken im Freien an der frischen Luft oder auf den traditionellen Märkten.

Sonst ist es wie in Deutschland. Man soll in allen öffentlichen Verkehrsmitteln, Bahnhöfen, Krankenhäuser und Arztpraxen, Restaurants, Kaufhäuser, Supermärkte.....Masken tragen, sonst muss man Bußgeld zahlen (ungefähr €85~€428).



Wir hoffen, wir konnten Ihnen damit behilflich sein.

Mit freundlichen Grüßen
Mei-Shun Lo
-Generaldirektor-
Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland, Buero Hamburg
駐德國台北代表處 漢堡辦事處
Mittelweg 144
20148 Hamburg Germany
Tel:  (+49)  040-447788
Fax: (+49)   040-447187
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3. Fragen zu COVID-19

Ungelesener Beitrag von admin » 25.12.2020, 19:18

Sehr geehrter Herr Pluto,

vielen herzlichen Dank für Ihr großes Interesse an Taiwan und der Pandemiebekämpfung in Taiwan. Gerne würden wir Ihr Exposé zum Corona-Verlauf lesen.

Hier nun die weiteren Antworten zu Ihren Fragen:

Q1. Es gibt keine Teststationen in Bahnhöfen, aber alle Bahnhöfe sind mit effektiven Infrarot-Körpertemperaturscanner ausgestattet." Sind dies vor oder hinter dem Eingang nachträglich installierte Scanner in Kabinen, die den Eingang blockieren, wenn die Körpertemperatur einen eingestellten Grenzwert überschreitet? Welche Erfahrungen liegen dazu schon vor und was kosten sie? In Deutschland werden erste Geräte für ca. 20.000.-€ angeboten.

A1: Grundsätzlich sollte man zuerst eigenverantwortlich auf die eigene Gesundheit aufpassen: Wer eine erhöhte Temperaturen hat oder wer sich unwohl fühlt, sollte zuhause bleiben.

Die Infrarot-Körpertemperaturscanner wurden vor fast allen Schulen, Bahnhöfen und Krankenhaus Haupteingängen , Büro-Gebäuden und auch vor Kaufhäusern installiert, mit separaten Bildschirmen.

Extra dafür bereit gestelltes Personal stehen daneben und kontrolliert die Bildschirme. Bei einer Temperatur über 38°C , gibt die Maschine einen Signalton und der Bildschirm zeigt die Farbe rot. Dann kommt z.B. das Bahnhofspersonal , um von der betroffenen Person die Körpertemperatur noch mal zu messen und die betroffene Person sofort über deren Reisegeschichte, eventuelle Kontaktpersonen oder nach dem Beruf zu fragen.

Meisten werden die Personen dann mit einem speziellen Quarantäne-Taxi nach Hause geschickt oder von Familienangehörigen abgeholt. Manche der betroffenen Personen werden unverzüglich mit einem Krankenwagen ins Krankenhaus geliefert.

Taiwan hat die Kapazitäten und das KnowHow, eigene Infrarot-Körpertemperaturscanner im Inland zu produzieren. Zum Beispiel kosten die in Bahnhöfen installierte Scanner ungefähr 11.000.-€ pro Stück.


Q 2: Bis zum 15.4. wurden ca. 400 Menschen bei Ihnen infiziert, in den folgenden fast 6 Monaten noch 117. Sind diese 117 alle Reisende gewesen, die Sie mit Ihrem Scanprogramm an der Grenze erfasst haben oder gab es einen nennenswerten Teil, der erst in der Quarantäne die Krankheit entwickelte, bei der Einreise aber beim Temperaturscan und Befragung nicht auffiel?

A2: Ja, alle 117 Infizierte sind Einreisende, darunter auch viele Gastarbeiter. Nicht alle wurden durch das Scanprogramm an der Grenze erfasst.

Mache meldeten freiwillig ihre Symptome und sie werden sofort getestet; bei anderen haben sich die Covid-19 Symptome während der Quarantäne entwickelt und die betreffenden Personen wurden dann sofort im Krankenhaus stationär aufgenommen .

Es gab aber auch mit Infizierte, die keine Symptome während der Quarantäne aufwiesen, die aber durch einen Test entdeckt wurde.


Q3: In meiner letzten Mail sprach ich schon neben den geringen Infektzahlen die auffallend geringen Testzahlen an. Lassen diese sich so erklären, dass die in Quarantäne gewiesenen Personen routinemäßig nicht getestet wurden, sondern die Tests überwiegend für Mitarbeiter der Pflegeberufe und der sozialen Dienste benutzt wurden, um sicherzustellen, dass hierüber keine Infektionen in die Communitys eingeschleppt wurden?

A3: Nein. Am Anfang der Coronakrise in Taiwan wurde jeder Kontaktperson trotz Quarantäne getestet, um keine einzige Fall zu verpassen.

Seit Anfang des Coronaausbruchs in Wu Han hat Taiwan als erste Maßnahme ein Exportverbot für Mundschutz erlassen.

Als begleitende Maßnahme wurde der Mundschutz rationiert, um Hamsterkäufe zu verhindern. Da es am Anfang der Pandemie in Taiwan noch relativ wenige Fälle gab und das Außenministerium eine sofortige Einreisesperre für Reisende aus Wu Han und den meisten chinesische Städte erließ, hatten wir ausreichend Zeit, Kapazitäten für die Virenbekämpfung aufzubauen.


Q4: In Deutschland war es ein großes Problem, dass anfangs wegen der fehlenden Schutzmaterialien große Zahlen des Pflegepersonals erkrankten und ausfielen.
Ich gehe davon aus, dass Sie in Taiwan eine ähnliche Altersstruktur wie in Deutschland haben, Sie also auch eine größere Zahl von Heimen haben, in denen alten Leute leben. Aufgrund der geringen Infekt- und Todeszahlen Taiwans müssen diese sehr effektiv geschützt worden sein. Welche Routinen gelten für diesen Bereich? Leben die Pflegepersonen z. B. auf dem Gelände des Heims?

A4: Während Coronakrise (bei uns in Taiwan Jan.- März) wurden für Alten- und Pflegeheime strenge Maßnahmen ergriffen. Das Pflegepersonal wohnte zwar nicht ausschließlich auf dem Gelände des Heimes , aber es gibt strenge Regeln und Kontrolle. Besuch war ausgeschlossen, der Bettenabstand wurden erhöht und die heimische Produktion von Desinfektionsmittel und Schutzkleidung wurden hochgefahren. Es gab bis heute keinen einzige Fall in Seniorenheimen oder Pflegeheimen.

Q5: Müssen sie automatisch in Quarantäne, wenn die erste Infektion auftritt? Können sie nach Beendigung des Urlaubs nicht sofort wieder arbeiten, sondern kommen erst in Quarantäne?

A5: Ja.

Q6: Und eine letzte Frage noch zu den Veranstaltungen mit Menschenmassen: Kultur, Messen, Sport. Wurden die genauso wie bei uns alle abgesagt und wie ist es jetzt, wo Sie praktisch keine Binneninfektion mehr haben?

A6: Vor April wurden alle Veranstaltungen abgesagt. Unter strengen Kontrollen fand Anfang April das erste Basketball Geisterspiel (ohne Zuschauer) statt , am 08.05 haben wir das erste Spiel mit 1000 Zuschauer probiert , mit Erfolg. Seit dem 07.Juni 2020 sind große Veranstaltungen wieder möglich – allerdings mit Abstand und mit Masken.


Wir hoffen, wir konnten Ihnen damit weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Mei-Shun Lo
-Generaldirektor-
Taipeh Vertretung in der Bundesrepublik Deutschland, Buero Hamburg
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Mittelweg 144
20148 Hamburg
Germany

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